Schutzkonzept

der Grundschule ostseebad boltenhagen zur Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt

1. Einleitung und Leitbild

a. Einleitung

… Jedem kann sexueller Missbrauch widerfahren. Vor allem Kinder mit besonderen Bedürfnissen und Einschränkungen sind aufgrund ihrer Defizite gefährdet. Oftmals fehlt es Menschen mit Behinderung an Fähigkeiten sich zu wehren oder die Gewalt, die sie erfahren haben, zu verstehen und diese anzusprechen.

Wir wollen klar Stellung zu diesem Thema beziehen. Gemeinsam wollen wir uns gegen Gewalt an Kindern stark machen und einen professionellen Umgang mit dem Thema und den Schülerinnen und Schülern pflegen. Aus diesem Grund und im Sinne des Schutzes unserer Kinder und Jugendlichen sehen wir uns als Grundschule Ostseebad Boltenhagen in der Pflicht, darüber aufzuklären und mögliche Fälle zu verhindern.

In diesem Schutzkonzept finden sich Hinweise zu Präventionen und Verhalten bei Bekanntwerden von Fällen sexueller Gewalt. Außerdem gewährt es einen Einblick in die Grundsätze, nach denen das Kollegium der Grundschule Ostseebad Boltenhagen pädagogisch handelt: Wir sitzen alle in einem Boot und gemeinsam setzen wir die Segel für eine sichere Umgebung für aller Schülerinnen und Schüler.

b. Leitbild

An unserer Grundschule existieren erzieherische und unterrichtsspezifische Grundsätze, die allen Kindern ein individuelles Lernen ermöglichen sollen und nach denen alle Lehrkräfte ihr pädagogisches Handeln, welches auch den Schutz der Schülerinnen und Schüler betrifft, ableiten. Das Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet das pädagogische Personal, Kinder und Jugendliche zu schützen (vgl. §4)

Wir sitzen alle in einem Boot!

Damit verdeutlichen wir, wofür wir als Schule einstehen:

  • Recht aller auf eine selbstbewusste und weltorientierte Entwicklung
  • Schülerinnen und Schülern einen sicheren und geschützten Raum zum Lernen eröffnen (Keiner geht verloren.)
  • gemeinsame Aufklärung, Intervention und präventives Vorgehen gegen jede Art von Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung
  • Vorfälle umgehend recherchieren, lösungsorientiert beraten und schnellstmöglich beseitigen

2. Verhaltenskodex

Dieser Verhaltenskodex basiert auf der Verantwortung für das Wohl der uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler. Ziel ist der Schutz aller Kinder sowie der Kolleginnen und Kollegen unserer Schule vor Diskriminierung, Mobbing und sexualisierter Gewalt.

Verbindliche Regeln

1. Nähe und Distanz
Wir gestalten die Beziehungen zu allen Schülerinnen und Schülern transparent in positiver Zuwendung und gehen verantwortungsbewusst sowie professionell mit Nähe und Distanz um. Einzelgespräche und Einzelunterricht finden in den dafür vorgesehenen Unterrichtsräumen statt. Diese sind jederzeit von außen zugänglich und unverschlossen.

Spiele, Übungen und Aktionen werden so gestaltet, dass keinem Kind Angst gemacht wird und keine Grenzen überschritten werden. Individuelle Grenzempfindungen von Schülerinnen und Schülern und von Lehrkräften sind ernst zu nehmen und zu achten.

2. Körperkontakt
Körperliche Berührungen müssen alters- und situationsgerecht sein und bedürfen der Zustimmung von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften. Ablehnung muss akzeptiert werden. Körperkontakte sind sensibel und nur zum Zweck einer Versorgung (Erste Hilfe, Pflege, Trost, Beruhigung) erlaubt.

3. Sprache und Wortwahl
Jede Form persönlicher Interaktion und Kommunikation ist durch Wertschätzung und einen auf die Bedürfnisse und das Alter angepassten Umgang geprägt. Es werden keine sexualisierte Sprache und Gesten verwendet. Ebenso werden keine abfälligen Bemerkungen oder Bloßstellungen geduldet.

4. Medien und soziale Netzwerke
Die Auswahl von Filmen, Fotos, Spielen und Materialien wird im Sinne eines achtsamen Umgangs miteinander sorgsam getroffen. Sie hat pädagogisch sinnvoll und altersgerecht zu erfolgen. Filme, Computerspiele oder Druckmaterial mit pornographischen, rassistischen und/oder gewaltverherrlichenden Inhalten sind verboten.

Die Nutzung von sozialen Netzwerken ist nur im Rahmen des Unterrichtes zulässig. Dies gilt insbesondere für die Veröffentlichung von Foto- oder Tonmaterial oder Texten, die im Zusammenhang mit Unterricht und/oder schulischen Veranstaltungen entstanden sind. Bei Veröffentlichungen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht am eigenen Bild zu beachten. Es bedarf der Zustimmung durch die Erziehungsberechtigten. Es wird respektiert, wenn Schülerinnen und Schüler sowie schulisches Personal nicht fotografiert oder gefilmt werden möchte.

Lehrkräfte und schulisches Personal sind verpflichtet, bei der Nutzung aller Medien wie Handy, Kamera, Internetforen durch unsere Schülerinnen und Schüler auf eine gewaltfreie Nutzung zu achten und jede Form von Diskriminierung, gewalttätigem oder sexistischem Verhalten und Mobbing zu ahnden.

Die freiwillige Weitergabe der privaten Telefonnummer/Mailadresse an Eltern und Elternvertreter obliegt der Lehrkraft selbst. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sollten alle Lehrkräfte ausschließlich Diensttelefon und Dienstmail nutzen.

5. Sport- und Schwimmunterricht
Lehrkräfte und schulisches Personal betreten die Sport- und Schwimm-umkleidekabinen der Schülerinnen und Schüler mit vorheriger Ankündigung. Die Beaufsichtigung der Schülerinnen und Schüler in den Dusch- und Umkleidekabinen werden mit höchster Achtsamkeit und durch gleichgeschlechtliche Lehrkräfte gewährleistet. Die Umkleideräume, Dusch- und Sanitärbereiche von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern sind getrennt.

6. Sanitärbereich
Schulisches Personal, Eltern und Gäste nutzen die Toilette für die Lehrkräfte. Schülerinnen und Schüler nutzen die zu verschließenden Toiletten allein. Der Sanitärbereich ist kein Aufenthaltsort für Schülerinnen und Schüler in den Pausen.

7. Schulfahrten mit Übernachtung
Schülerinnen und Schüler schlafen getrennt von Lehrkräften und Begleitpersonen. Ausnahmen aufgrund räumlicher Gegebenheiten sind vor der Schulfahrt mit den Eltern zu klären und die Zustimmung einzuholen.

Nach Möglichkeit fahren weibliche und männliche Lehrkräfte/Begleitpersonen mit. Mädchen und Jungen übernachten in getrennten Räumen.

Schlaf- und Sanitärräume der Schülerinnen und Schüler werden von den Lehrkräften und den Begleitpersonen nur nach vorheriger Ankündigung (Anklopfen, deutliches Hineinrufen) betreten. Gleiches gilt für Schülerinnen und Schüler für die Räume der Lehrkräfte und der Begleitpersonen. In Heimwehsituationen werden die betroffenen Kinder nicht allein von einer Lehrkraft oder Begleitperson in einem Raum betreut.

8. Grenzverletzungen
Jegliche Formen persönlicher Grenzverletzungen werden problematisiert und bearbeitet. Im Konfliktfall ziehen wir fachliche Unterstützung und Hilfe hinzu. Der Schutz der Schülerinnen und Schüler steht dabei an erster Stelle.

3. Prävention

Der Institution Schule kommt eine besondere Bedeutung für die Prävention zu, weil diese alle Kinder und damit auch ihre Familien gleichermaßen niederschwellig erreicht.
Das Präventionsprogramm unserer Schule zielt zum einen darauf ab, langfristige Maßnahmen zu schaffen, welche das Risiko sexualisierter Gewalt dauerhaft verringern, und zum anderen, frühzeitig sexualisierte Gewalt aufzudecken, zu beenden und damit die Folgen aus Übergriffen möglichst gering zu halten.

Unsere Grundlagen für die Prävention gegen sexualisierte Gewalt von Schüler/-innen der Schule bildet zum einen der Schutz durch eine präventive Grundhaltung und zum anderen der Schutz durch Wissensvermittlung und Aufklärung.

4. Fortbildungen und Kooperation

Wir, als pädagogisch ausgebildetes Schulpersonal, sind in unserer Funktion als vertraute Bezugspersonen wichtiges Bindeglied zur Vermittlung weiterer Hilfen. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen zum Thema sexualisierte Gewalt sind für uns essenziell, um im Notfall sicher und besonnen zu handeln, sowie präventiv mit den Schüler/-innen der Schule zu arbeiten. Wir sind der Meinung, dass je intensiver ein Erwachsener geschult ist, desto eher vertrauen sich betroffene Kinder diesem an. Auch zeigen sich Erwachsene umso präsenter in diesem Thema, wenn sie dazu Spezialwissen besitzen. Fort- und Weiterbildungen zur sexualisierten Gewalt sind für das gesamte Kollegium verpflichtend, jedoch besonders für die Arbeitsgruppe sexualisierte Gewalt (siehe Ansprechpartner innerhalb der Schule).

Wir, als pädagogisch ausgebildetes Schulpersonal, sind an unsere Schweigepflicht gebunden, jedoch ist es uns als Personal möglich, jederzeit eine kostenfreie, anonymisierte fachliche Beratung in Kinderschutzfragen in Anspruch zu nehmen bzw. eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ hinzuziehen. Bei einem konkreten Verdacht sind wir zudem befugt, diesen beim Jugendamt zur Anzeige zu bringen. Dies ist im schulischen Ablaufschema zur Meldung von Kindswohlgefährdungen fixiert.

In Verdachtsfällen und auch im Rahmen der Prävention ist es wichtig, mit professionellen Partnern zu kooperieren. In Kooperation mit der Polizei führen wir gemeinsam mit den Schüler/-innen verschiedene Präventionsprojekte durch. Als Fachkräfte haben wir zudem Kontakt zum Jugendamt oder zu Fachberatungsstellen.

Ansprechpartner innerhalb der Schule:
Mitglieder der Arbeitsgruppe sexualisierte Gewalt:

  • Frau Dramm: c.dramm@gs-boltenhagen.de oder über it‘slearning
  • Frau Wehr: s.wehr@gs-boltenhagen.de oder über it‘slearning
  • Frau Wolf: e.wolf@gs-boltenhagen.de oder über it‘slearning
  • Frau Neetzel: d.neetzel@gs-boltenhagen.de oder über it‘slearning
  • Frau Manske (Schulsozialarbeiterin): 01522 4349863, l.manske@drk-nwm.de

Lehrer ihres Vertrauens
Klassenleitung
Schulleitung

Ansprechpartner außerhalb der Schule:
In Notfällen kann man rund um die Uhr anrufen (kostenlos und auch anonym):

  • Kummertelefon für Kinder und Jugendliche und Eltern: 0800 11 10 33 3
  • Telefonseelsorge: 0800 11 10 -111 oder -222
  • Telefonische Anlaufstelle des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: 0800 22 55 53 0

Externe Ansprech- und Beratungsstellen (auch anonym):
Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Schwerin:
Platz der Jugend 8, 19053 Schwerin, 0385 5557352
Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Rostock:
Ernst-Haeckel-Straße 1, 18059 Rostock, 0381 4403077

Hilfreiche Links:
www.nummergegenkummer.de
www.beauftragter-missbrauch.de
www.innocenceindanger.de
www.klicksafe.de

5. Interventionsverfahren

  • Verdacht auf sexualisierte Gewalt
  • Kenntnis von sexueller Gewalt außerhalb der Schule
  • Sexuelle Übergriffe unter Schüler/-innen
  • Sexualisierte Gewalt durch Lehrkraft auf Schüler/-in
  • Sexuelle Übergriffe durch Schüler/-innen gegenüber Lehrkraft (oder auf anderes Personal)
  • Sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz Schule

6. Beschwerdemanagement

Schule als Lern- und Lebensraum bietet zum einen vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten. Zum anderen birgt sie zweifelsohne immer auch ein Potential für Reibungen, Unzufriedenheiten und Beschwerden, da viele Menschen viel Zeit auf engem Raum miteinander verbringen und es umso bedeutende Dinge wie Bildungschancen und Schulabschlüsse geht. Beschwerden müssen aus unserer Sicht nicht zwangsläufig etwas Unerfreuliches sein, sondern können als konstruktive Kritik auch Ansätze für positive Veränderungen in der Schule mit sich bringen. Unser Grundsatz ist es, Beschwerden ernst zu nehmen. Dafür ist es das Ziel, den Umgang mit Beschwerden nachvollziehbar und lösungsorientiert für alle beteiligten Seiten zu gestalten.

Umgang mit Beschwerden

  1. Prüfung, um welches Problem es sich handelt und gegen wen die Beschwerde gerichtet ist sowie Verweisen an „beschuldigte“ Person
  2. bei unvorteilhaftem Verlauf der Kommunikation zwischen beiden Seiten: erneutes Anhören der Beschwerde ohne Beisein der „beschuldigten“ Person, Sammeln und Überprüfen (schriftlicher) Beweise sowie Erfragen möglicher Wünsche und Lösungsansätze
  3. mündliche Mitteilung der Resultate aus dem Gespräch an die „beschuldigte“ Person in einem Vier-Augen-Gespräch, Anhören der Gegensicht sowie Erfragen möglicher Lösungsansätze
  4. Mitteilung der Lösungswege an beide Parteien sowie –falls gewünscht– Moderation eines Gespräches
  5. Dokumentation der Vereinbarungen sowie Kontrolle nach festgelegtem Zeitraum Grundlegend für die Vermittlung in Beschwerdekontexten sind sowohl der im Schulgesetz verankerte Dienstweg als auch die Prinzipien der Schule, dass Beschwerden stets begründet und respektvoll vorgetragen sowie Probleme möglichst dort gelöst werden sollen, wo sie entstehen. Dahingehend werden nachstehend die verbindlichen Dienstwege für unterschiedliche Beschwerdeoptionen dargestellt.
Problem Wer beschwert sich? 1. Stufe 2. Stufe 3. Stufe
sexualisierte und andere Gewalt von Lehrkräften gegen SuS SuS/Eltern Schulleitung Schulaufsicht  
Problem einzelner SuS mit einer einzelnen Lehrkraft SuS/Eltern Fachlehrkraft Klassenleitung Schulleitung
Problem einer Schülergruppe mit einer einzelnen Lehrkraft SuS/Eltern Fachlehrkraft Klassenleitung Schulleitung
allgemeine Probleme der SuS in der Klasse SuS/Eltern Klassenleitung Schulleitung  
Beschwerden gegen angekündigte Erziehungs-maßnahmen SuS/Eltern Fachlehrkraft Klassenleitung Schulleitung
Probleme unter SuS SuS sozialpädagogische Fachkraft Klassenleitung Schulleitung
Mobbing unter SuS SuS/Eltern Klassenleitung Schulleitung  
sexualisierte und andere Gewalt von SuS gegen SuS SuS/Eltern Klassenleitung Schulleitung  
Probleme einer einzelnen Lehrkraft mit einzelnen SuS Lehrkraft Eltern Klassenleitung Schulleitung
Probleme einer einzelnen Lehrkraft mit einer Schülergruppe Lehrkraft Klassenleitung Schulleitung  

Abkürzung: SuS (Schülerinnen und Schüler)

7. Formulare

8. Quellen

1] https://www.aufarbeitungskommission.de/service-presse/service/glossar/sexuelle-grenzverletzungen

[2] https://www.strafrechtskanzlei.berlin/

[3] https://beauftragte-missbrauch.de/themen/definition/zahlen-zu-sexuellem-kindesmissbrauch-in-deutschland

[4] Zur Erstellung des Fragebogens zur Risikoanalyse verwendete Internetseiten:

  • https://www.schutzkonzepte.at/Plattform/wp-content/uploads/2020/11/Risikoanalyse_Einzelfragen.pdf
  • https://www.schutzkonzepte.at/Plattform/wp-content/uploads/2022/02/Risikoanalyse-Fragen_ECPAT.pdf
  • https://www.elk-wue.de/fileadmin/Downloads/Seelsorge/Sexualisierte_Gewalt/Praevention/02_Risikoanalyse/Anlage_2_Checkliste_zur_Unterstuetzung_einer_Risikoanalyse.pdf

[5] Staatliches Schulamt Rostock, 2020 · Redaktion: Lena Melle, Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Rostock

Dieses Schutzkonzept wurde auf der Schulkonferenz am 04. September 2024 beschlossen.